Trauer

Letztens hat meine Sitznachbarin Helen eine ganze Woche in der Schule gefehlt. Ich hatte schon angefangen, mir Sorgen zu machen, weil sie sonst immer nachmittags anruft und nach den Hausaufgaben fragt, wenn sie krank ist. Am Montag kam sie dann wieder, aber verlor kein Wort darüber, warum sie nicht da war. Nach ein paar Tagen Schweigen fragte ich sie, was los sei. „Meine Oma ist letzte Woche gestorben.“, platzte es aus ihr heraus und die Tränen kullerten. Ich wusste gar nicht, was ich antworten sollte. Ich nahm sie einfach in den Arm und drückte sie so lange an mich, bis die Tränen aufhörten. Dann sprudelte es nur so aus ihr heraus. „Danke“, sagte sie zum Schluss, „manchmal tut es einfach gut, jemandem zu erzählen, was passiert ist und alle Tränen rauszulassen.“

Da stimme ich Helen zu. Letztes Jahr im November ist auch meine Oma gestorben und ich weiß, wie sich das anfühlt. Am Anfang habe ich ganz viel geweint und wollte gar nicht mehr zur Schule oder nachmittags zum Sport. Ich wollte mich einfach nur mit meiner Mama auf die Couch kuscheln und meine Lieblingsfilme schauen.

Ich stelle mir den Verlust von geliebten Menschen wie eine Wunde vor. Irgendwann verheilt sie zwar, aber meistens bleibt eine Narbe. Sie erinnert uns an die schönen Zeiten, die wir mit dem verstorbenen Menschen verbracht haben. Am Wochenende war ich mit Helen Eis essen und wir haben uns Geschichten von unseren Großeltern erzählt. Das war total spannend und lustig! Es tat gut, sich mit jemanden auszutauschen, die das Gleiche wie ich erlebt hat.

Ich glaube, Helen und ich sind jetzt noch bessere Freundinnen als vorher. Wir genießen, dass wir tolle Freundinnen haben, dass die Sonne draußen so schön warm scheint und die Blumen bunt blühen und denken dabei ganz fest an unsere geliebten Menschen, die sich diese vielen kleinen tollen Dinge auf der Welt vielleicht nun von oben ansehen.